Drämmli Geschichte
Zum Ende von zwei Karrieren
Willy Zaugg ist weg, der BVB-Wagenführer mit ZZ-Top-Bart.
Pensioniert, der Willy, der Mann, der sein Tram im Griff hatte. Der von seinen Kollegen geachtet wurde für seinen kompromisslosen Sandeinsatz bei Notbremsungen und von den Fahrgästen gefürchtet, weil wenn Willy notbremste und du im Drämmli hinten standest, fandest du dich ganz vorne wieder, oft auch liegend.
Aber er war der Mozart des Anfahrens, sanft und leicht, sogar am Kohlenberg, und der Guggemusiker beim Bimmeln. Ich weiss nicht aber wenn Willy bimmelte, klang das immer wie wenn ZZ-Top «Got me under pressure» spielen.
Willy hat‘s geschafft.
Ferien für den Rest des Lebens, im Drämmli mal hinten sitzen und sich
rumkutschieren lassen und mal wissen wie das ist wenn einem das Tram im
17-Minuten-Takt grad vor der Nase wegfährt. O.k., Willy war cool aber das
war‘s. Mach‘s gut.
Willy ist nicht der Einzige, der seine letzte Fahrt hinter sich hat. Seit dem 1. April, wie hinterwitzig übrigens, ist auch der BVBär nicht mehr mit an Bord. Jetzt, im neuen «Facts», das ist das Magazin für BVBler, findet man ihn, der 1998 zur BVB stiess und unter Sauberkeitsneurose litt, auf Seite 22 zum letzten Mal, ganz unten. Links steht «Adieu und herzlichen Dank» und dann, unter. «Pensionierungen»: 01.04.2012 BVBär, Maskottchen, Medienstelle.
So ist das bei der BVB neuerdings: Online-Drämmli, Holzsitze, Hightech-Schienen, Schnickschnack hier und Giggernillis da, aber kein Maskottchen mehr. Das ist nicht klug, einfach schon deshalb, weil jedes Unternehmen und besonders eines in der Branche der— wie das neuerdings ja heisst —«public transportation» ein Maskottchen braucht. Es würde mich nicht wundern, wenn in dieser nun angebrochenen maskottchenlosen Epoche die Zahl missglückter Notbremsungen und angefahrener älterer Damen sprunghaft ansteigen würde.
Ich rate der BVB deshalb dringend, den Maskottchen- Mord zu überdenken, neue «high-end corporate identity» hin oder her. Zugegeben, das Finden eines Mascottchens ist schwieriger, als für 60 Millionen Franken neue Trams zu bestellen. Und hier einfach zu motzen, «jetzt macht mal vorwärts mit dem neuen Maskottchen, kann doch nicht sein, dass das so langsam geht wie eure Verbindungen», ist natürlich billig. Nein, da steht man als Basler selber in der Verantwortung. Deshalb zwei Vorschläge für neue Maskottchen.
Vorschlag 1:
Willy Zaugg: «Ich sitz im Drämmli, ich ha jo Zyt, es fahrt au nit wiene Blitz, drum pfuusi jetzt e bitz.»
Vorschlag 2:
Dagmar Jenny Mediensprecherin BVB, die auf Telebasel ein unvergessliches Interview im Zusammenhang mit den Stoff- oder Holzsitzen gab und auf die Frage, was sie bevorzuge, antwortete: Kommt drauf an, ob ich mit meinem Kopf oder meinem Fudi antworten soll.
«Ich sitz im volle Drämmli uffeme Holzsitz uff mym Po. Und dängg, isch jo immer no besser als
stoo.»
von Michael Bahnerth