Drämmli Geschichte

Tramfahrt

Heute war der 16er an der Reihe. Mein Vater begann seinen Dienst als Wagenführer am frühen Morgen. Mit dem zugeteilten Be 2/2 drehte er seine Runden auf der damaligen Route: Mustermesse – Schifflände – Heuwaage – Markthalle – Wolfschlucht – Bruderholz.
Als Fünfjähriger imponierte mir der Beruf meines Vaters sehr.

Mitte der fünfziger Jahre erhielt er eine Stelle bei den Basler Verkehrs-Betrieben BVB. Anfangs als Spengler-Installateur in Spenglereiabteilung. Damals war es nicht so einfach einen Arbeitsplatz beim Tram zu bekommen. Ohne guten Leumund ging da nichts. Aber als Staatsangestellter hatte man eine sichere Stelle. Intern bildete sich mein Vater weiter, absolvierte eine Ausbildung zum Billeteur und später eben zum Wagenführer.

Meine Mutter und ich standen an der Wendeschlaufe bei der Mustermesse. Im heranfahrenden grünen Zweiachser erkannte ich im Führerstand bereits meinen Vater, in schicker Uniform, welcher konzentriert an der Arbeit war. Was für ein Zufall ihn hier anzutreffen. Flink hüpfte ich die zwei Tritte hinauf auf die Plattform und kurz darauf gab der Billeteur das Zeichen zum Abfahren. Mutter schaute draussen verdutzt dem Tram nach und ihr wurde klar dass sie nun zum Abwarten verdonnert war bis dieser Kurs wieder hier vorbei fahren wird.

Ich stand in der linken Ecke hinter dem Sicherheitsbügel, welcher den Wagenführer von den Fahrgästen trennte. Ängstlich schaute ich wo sich nun der Billeteur aufhielt. Etwas mulmig wurde mir schon, da ich ja kein Geld für ein Billett dabei hatte. Aber noch war er zuhinterst im Anhängerwagen, also hatte ich noch eine Gnadenfrist bis er mich entdecken würde.
Die Anforderungen an die Billetteure waren damals nicht zu unterschätzen. In Stosszeiten mussten sich diese durch den engen Mittelgang zwischen den Fahrgästen durchkämpfen. Ein nicht so einfaches Unterfangen mit angehängtem Münzwechsler und Billettmappe. Billette wurden abgegeben und die Umsteigeverbindungen mit der Lochzange in dieses geknipst, Geld einkassiert und eben die Haltestellen angesagt.

Während Vaters Ausbildungszeit zum Billeteur lernte er daheim alle Haltestellennamen auswendig, so kam es vor dass er nachts im Bett manchmal noch vor sich hin murmelte: «Pfaffenloh ... Niederholz ... - Habermatten Hörnli umsteigen...»

Die Fahrt ging zügig via Claraplatz an der Schifflände vorbei Richtung Heuwaage. Doch im Moment hatte mein Vater andere Probleme zu meistern. Mittlerweile waren wir bereits beim Tellplatz angelangt. Die dortige Weiche machte offenbar nicht was sie sollte und blieb stur in der falschen Lage stehen. Vater hielt den Zweiwagenzug blitzartig an und stieg über die Fronttüre aus, bediente sich, dem aussen angehängten Weichensteller und legte die Weiche in die richtige Lage. Schliesslich sollte es ja aufs Bruderholz gehen. Wieder im Führerstand setzte er das Trämli mit einem Ruck in Bewegung und fuhr quitschend die Wolfschlucht hinauf.

Wenig später hörte ich bereits die Ansage des Billeteur aus dem Innern des Motorwagen: «Bruderholz». Dieser war nun wieder durch die Verbindungstüren vom Anhänger in dem Motorwagen gekommen. Vater kurbelte nun an der Linienanzeige bis die Nummer 26 erschien. Aus dem 16er wurde nun ein 26er. Der Billeteur wendete alle Seitenschilder, dass nun wieder das Fahrziel, Mustermesse angezeigt wurde. Wenig später beugte er sich weit zur Tür hinaus um zu schauen ob alle Fahrgäste eingestiegen waren. Danach zog er an einem Holzgriff neben der Innentüre um das Signal zum Weiterfahren zu geben und schon erlosch die grüne Signallampe im Führerstand – das Zeichen zum losfahren. Die Schiebetüren blieben zu dieser Zeit, zumindest im Sommer noch während der Fahrt offen. Einzig eine umklappbare Stange verhinderte ein herausfallen von Passagieren. Heute mag das etwas abenteuerlich klingen, damals war es eben alltäglich und mir gefiel wenn der Fahrtwind um die Ohren wehte.

Zügig rollte der Tramzug den Jakobsberg hinunter. Wieder über den Tellplatz, zur Heuwaage an der Schifflände vorbei über die Mittlere Brücke, Richtung Claraplatz. Ob wohl Mutter noch an der Mustermesse ausharrte? Doch, ja man konnte sie bereits auf einer Wartebank sitzend erkennen.

«Du bist mir ja ein kleiner Schwarzfahrer....» scherzte sie. Beide winkten wir dem abfahrenden Tram nach. Vater winkte kurz zurück und schon verschwand der Tramzug in der Clarastrasse. Bis um 19 Uhr dreht mein Vater sicher noch einige Runden bis er in den verdienten Feierabend gehen kann. Ich freute mich bereits auf das Nachtessen wenn ich über meine Erlebnisse berichten konnte.

von Thomas Meyer

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